Showdown am Hockenheimring – Teil 1
Tief eingetaucht in die Welt des Motorsports sind die RAMPF-Mitarbeiterinnen Franziska Wasserberg und Rebecca Sanwald. Als Gäste der Hochschule Esslingen bekamen Sie einen umfassenden Blick hinter die Kulissen eines faszinierenden Wettbewerbs: der Formula Student Germany – inklusive Technik von gleich zwei RAMPF-Gruppenunternehmen.
Wenn der Dezember langsam aber sicher den Winter einläutet, es dunkel, kalt und nass wird und dichte Nebelschwaden übers Land ziehen, schwelgt man besser in Erinnerungen vom Sommer. Gemeinsam mit meiner Kollegin Rebecca habe ich im Spätsommer einen ganz besonderen Tag erlebt, an den wir beide auch Wochen später noch mit großer Begeisterung zurückdenken.
Bereit für eine kleine Zeitreise? Ready? Set. Go!
Rebecca Sanwald & Franziska Wasserberg
Rebecca Sanwald (links) ist Auszubildende zur Industriekauffrau bei RAMPF Polymer Solutions. Innerhalb der Ausbildung rotiert sie in der Unternehmensgruppe und lernt verschiedene Abteilungen kennen. Mein Name ist Franziska Wasserberg, ich bin Mitarbeiterin in der Abteilung Corporate Communications bei RAMPF Holding.
Wie gesagt: Es ist Sommer und somit bereits hell und sonnig, als wir uns in der Früh am Hauptsitz von RAMPF in Grafenberg ins Auto setzen. An unserem Ziel angekommen, nieselt es allerdings aus einer grauen Wolkendecke auf uns herab. Unserer Laune kann das jedoch nichts anhaben, denn wir sind heute auf großer Mission!
Vom Parkplatz aus geht es in Richtung Gelände. Noch bevor wir uns auf die Suche nach dem Eingang machen können, kommt ein junger Mann auf uns zu. „Hi, seid ihr Rebecca und Franzi von RAMPF?“
Vor uns steht Tim Ankele, der heute unser Gastgeber ist. Auf seinem schwarzen Shirt ist in roten und weißen Buchstaben der Schriftzug Rennstall Hochschule Esslingen eingestickt. Mit einem entspannten Lächeln auf den Lippen überreicht er uns zwei Besucherbändchen:
Willkommen am Hockenheimring.
Was uns in diese heiligen Hallen – oder besser gesagt Bahnen – des Motorsports treibt? Es ist nicht etwa die Formel 1, sondern viel besser: die Formula Student Germany (FSG). Denn wir dürfen Tim und seinen Team-Kollegen bei der deutschen Ausgabe des studentischen Konstruktionswettbewerbs ein wenig über die Schulter schauen.
Und wie kommen wir dazu? Weil die Studierenden auch auf Technik aus dem Hause RAMPF setzen. Aber dazu kommen wir noch…
Aus den USA in die Welt – die Formula Student
Ihren Anfang nahm die Formula Student in den USA, wo die Society of Automotive Engineers (SAE) 1979 erstmals einen offiziellen Engineering-Design-Wettbewerb für angehende Ingenieure veranstaltete. Das Ziel der Veranstaltung ist es seither, den Teilnehmenden eine Lernplattform sowie die Möglichkeit zu bieten, das im Studium erlangte Wissen praktisch anzuwenden und zu vertiefen.
Allerdings sind nicht nur die fachlichen Skills der Studierenden gefragt, auch in Sachen Projektmanagement und Teamarbeit müssen sie ihre Kenntnisse einsetzen und weiterentwickeln. Im Rahmen der Formula Student sammeln sie somit auch wertvolle Erfahrungen im Rennsport und knüpfen erste Kontakte in die Branche. Wie wichtig die Rennserie für die Förderung von Nachwuchstalenten im Motorsport ist, zeigt allein der Umstand, dass alle namhaften Unternehmen aus Motorsport-, Automobil- und Zulieferindustrie mit großen Ständen auf der FSG am Hockenheimring vertreten sind.
Dank steigender Bekanntheit und großer Begeisterung für die studentische Rennserie haben sich die Formula Student-Events mittlerweile zu einem globalen Phänomen entwickelt: Es gibt internationale Wettbewerbe in 19 Ländern mit Teilnehmenden aus mehr als 20 Ländern und 600 Hochschulen. Der Esslinger Rennstall ist 2022 neben dem Wettbewerb in Deutschland auch in Österreich (FSA), Kroatien (FSAA), Ungarn (FSEast und FSEaster) und Italien (FSAEItaly) angetreten.
Seifenkisten? Nix da – komplexe Rennwagen!
Der Konstruktionswettbewerb lockt seit 2006 einmal jährlich motorsportbegeisterte Studierende aus aller Welt an den Hockenheimring, die Esslinger Studierenden sind bereits zum fünfzehnten Mal am Start. Dieses Mal umfasst der „Rennstall“ ein rund 50-köpfiges Team, insgesamt sind knapp 100 studentische Mannschaften angereist. Die Stimmung ist super, denn nach einem coronabedingtem Ausfall des Events in 2020 und einer reduzierten Ausgabe in 2021 kann die FSG in diesem Jahr endlich wieder in vollem Umfang stattfinden.
Wer denkt, dass bei der Formula Student lustige Seifenkisten für ein kleines Wettfahren unter Studierenden gebaut werden, liegt ganz falsch – das zeigt auch dieses Video:
Tatsächlich bauen die engagierten studentischen Teams technisch versierte, komplexe Rennwagen. Laut aktuellem Regelwerk ist sogar die Implementierung eines autonomen Systems in allen Boliden Pflicht, was bedeutet, dass diese für gleich zwei Steuerungsarten ausgelegt sein müssen: die klassische Variante mit Fahrern und „Driverless“, also ohne Mensch hinter dem Steuer. Wichtig sind natürlich auch diverse Sicherheitssysteme, wie ein Remote Emergency System mit ferngesteuerter Notbremse und Signallampen.
Auf alle Eventualitäten vorbereitet
Mittlerweile scheint in Hockenheim auf der FSG wieder die Sonne. Als wir an der Box des Rennstalls ankommen, staunen Rebecca und ich nicht schlecht: Hier, auf wenigen Quadratmetern, hat sich das Team für die sieben Tage eingerichtet und alles aufgebaut, was benötigt wird. Es sieht aus wie in einer Werkstatt. In der Mitte des U-förmigen Aufbaus steht ein Gestell mit dem Rennwagen des Teams: dem Stallardo’22.
Wir können gar nicht glauben, dass die Jungs und Mädels erst seit drei Tagen und nicht schon seit Jahren hier quartieren! Ich frage Tim, ob sie das alles selbst mitgebracht haben. Er lacht und nickt: „Ja klar, auch logistisch ist jedes Event immer eine Herausforderung. Aber wir müssen ja auf alles vorbereitet sein.“ Denn obwohl das Team vor der Wettkampfsaison knapp ein Jahr an ihrem Prototyp gearbeitet hat, muss auch während des Wettbewerbs noch am Fahrzeug geschraubt werden.
Heute, am dritten Wettkampftag, stehen ein „Scrutineering“, die technische Abnahme, und die Verteidigung der Konstruktion auf dem Plan. Denn bevor es bei der FSG auf die Rennstrecke geht, werden die Boliden auf Herz und Nieren geprüft, um sowohl die Sicherheit aller Beteiligten als auch die Chancengleichheit zu gewährleisten. Erst dann erfolgt die Zulassung zu den dynamischen Disziplinen, also dem Fahren.
RAMPF doppelt an Bord
Stellen die Scrutineers bei den technischen Inspektionen einen Mangel fest, muss dieser so schnell wie möglich behoben werden. Deswegen ist es so wichtig, alle nötigen Tools und Ersatzteile dabei zu haben. Dazu zählen nicht nur industriell gefertigte Teile wie Schrauben oder Dichtungen, sondern auch Maßanfertigungen, die speziell für den Stallardo’22 hergestellt werden, beispielsweise Carbonteile für die Verkleidung des Boliden. Diese stellt das Rennstall-Team mithilfe von Formen aus RAKU® TOOL Blockmaterial von RAMPF Tooling Solutions selbst her.
Doch das ist längst nicht alles an Technik aus dem Hause RAMPF. Denn für Herstellung der Negativmodelle aus RAKU® TOOL benötigt man eine Fräsmaschine. Und da kommt RAMPF Machine Systems in Spiel.
Denn die Studierenden haben folgendes Problem: Aktuell sind sie auf Sponsoren angewiesen, welche ihnen die Formen auf ihren Fräsmaschinen fertigen. Selbst dürfen die Studis die Fräsen nicht benutzen. Gefräst werden kann also nur mit Vorlaufzeit, was nicht immer optimal ist: Muss kurz vor einer Formula Student-Veranstaltung noch etwas optimiert werden, oder geht ein Teil kaputt, bedeutet das großen Stress für das Team, da ohne eigene Fräse eben nicht noch nachts ein neues Carbonteil hergestellt werden kann. Hinzu kommt, dass Jahr für Jahr mehr Bauteile aus Carbon hinzugekommen sind: Monocoque, Felgen, Tanks, Aerodynamikbauteile, Querlenker, Batteriegehäuse und, und, und. Je mehr Carbonbauteile geformt werden müssen, desto wichtiger werden die Formen.
Safety first: Bevor es in die dynamischen Disziplinen geht, muss jeder Fahrer den Driver Egress bestehen. In dem Test geht es darum, sich innerhalb von 5 Sekunden aus dem engen Cockpit des Fahrzeugs zu befreien. Das heißt: Gurte lösen, Lenkrad wegmachen und herausspringen.
Projekt „Rennfräse“
Zum Glück lassen sich das Studium und der Rennstall manchmal auf ganz geschickte Art und Weise verbinden. Als Tim und seine Kommilitonen im Rahmen des Masterstudiengangs Ressourceneffizienz im Maschinenbau ein Gruppenprojekt umsetzen, haben David Rommel, Nedeljko Alempijevic und er eine Idee: Damit das Esslinger Formula Student Team in Zukunft flexibler arbeiten kann, wollen sie eine eigene 3-Achs-Fräsmaschine für den Rennstall konstruieren.
Und jetzt kommt’s: Das Herz dieser Fräsmaschine bildet ein Maschinenbett aus EPUMENT® Mineralguss aus dem Hause RAMPF.
Wenn Sie sich jetzt fragen, wie der Stand des Projekts „Rennfräse“ ist und wie das Esslinger Team im Wettkampf abgeschnitten hat, dann lesen Sie Teil 2 des Artikels „Showdown am Hockenheimring“ am 20.12.2022!